Warum ist die Mobilitätswende für unsere Gesundheit so wichtig?
Menschliche Gesundheit, Klimawandel und Umwelt sind eng miteinander verwoben. Besonders deutlich wird dieser Zusammenhang im Bereich Mobilität. Gelingt es, den Autoverkehr in Städten zu reduzieren und mehr körperliche Bewegung in den Alltag zu bringen, dann profitiert die Gesundheit auf vielen Ebenen: von der Luftqualität über den Stressabbau bis hin zu einem gesunden Stadtklima.
Klima- und Umweltschutz sind immer auch Gesundheitsschutz
Etwa 20 % der klimaschädlichen Treibhausgase in Deutschland gehen auf den Verkehr zurück [1–3]. Seit Jahren verfehlt dieser Bereich jedoch die Klimaschutzziele. Dabei ist der Handlungsdruck hoch, denn der Klimawandel gefährdet die Gesundheit: Extremwetterereignisse wie die Überflutungen im Ahrtal 2021 und längere Hitzewellen führen zu sozialen, psychischen und körperlichen Belastungen [4]. Allein in den Jahren 2018 bis 2020 gab es insgesamt über 19.000 hitzebedingte Todesfälle in Deutschland [5]. Zunehmende Dürren sowie der Verlust der Artenvielfalt können zukünftig die Ernährungssicherheit gefährden [6].
Hinzu kommt, dass sich die Luft- und Lärmbelastung durch den Verkehr negativ auf die Gesundheit auswirkt, denn dadurch werden Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkte und Schlaganfälle, psychische und körperliche Stressreaktionen, Depressionen, Angsterkrankungen, Schlafstörungen sowie Lungen- und Atemwegserkrankungen begünstigt [7–9].
Ein hoher Anteil von aktiver Mobilität ist gesünder – für alle
Städte sollten zukünftig verstärkt auf aktive Mobilität setzen, denn sie kann die öffentliche Gesundheit fördern. Zum einen wird sie mit höherer körperlicher Fitness, einem verbessertem Immunsystem und größerem Wohlbefinden in Verbindung gebracht: Das Auto stehen zu lassen und sich mit dem öffentlichen Nahverkehr, dem Rad und zu Fuß fortzubewegen, senkt das Risiko für nicht-übertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Schlaganfall oder Diabetes [10, 11].
Zum anderen reduziert aktive Mobilität die Zahl der Autofahrten, entlastet dadurch das Klima und die Ökosysteme und sorgt gleichzeitig für mehr Ruhe und Verkehrssicherheit. Das Mobilitätsverhalten ist mit den örtlichen Bedingungen verknüpft, d. h. die strukturellen Voraussetzungen spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, vom Auto auf das Fahrrad oder die Bahn umzusteigen. Ein attraktives ÖPNV-Angebot und sichere Rad- bzw. Fußwege könnten dazu beitragen, den Anteil an Autos, Parkplätzen und asphaltierten Flächen in Städten zu verringern und Platz zu machen für mehr wohnortnahe Grünflächen. Diese Flächen können dabei helfen, die Folgen des Klimawandels wie Hitze und Starkregen abzumildern [12] und bieten Raum für Entspannung. Aktive Mobilität gilt aus diesen Gründen als Schlüsselstrategie für eine nachhaltige Mobilitätswende [13].
Politische Maßnahmen zur Förderung von aktiver Mobilität (etwa ein deutlicher Ausbau der Radinfrastruktur) könnten zu Win-win-Effekten für eine gesündere und klimafreundlichere Gesellschaft beitragen [14].
Unsere Forschungsfragen:
- Wie wirken sich unterschiedliche Mobilitätsarten auf Lebensqualität und Gesundheit aus? Welche Rolle spielt dabei Straßenverkehrslärm?
- Welche Hindernisse gibt es auf dem Weg zu gesünderer, sozial gerechterer und klimafreundlicher Mobilität?
Zitierte Literatur
1. Henning H-M, Knopf B, Bettzüge MO et al. (2023) Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2022. Geschäftsstelle Expertenrat für Klimafragen (ERK)
2. European Commission, Eurostat (2020) Energy, transport and environment statistics – 2020 edition. Publications Office
3. Umweltbundesamt (2023) Emissionen des Verkehrs. https://www.umweltbundesamt.de/daten/verkehr/emissionen-des-verkehrs#verkehr-belastet-luft-und-klima-minderungsziele-der-bundesregierung. Accessed 23 Oct 2023
4. Heinz A, Meyer-Lindenberg A (2023) Klimawandel und psychische Gesundheit. Positionspapier einer Task-Force der DGPPN (Climate change and mental health. Position paper of a task force of the DGPPN). Nervenarzt 94:225–233. https://doi.org/10.1007/s00115-023-01457-9
5. Winklmayr C, Muthers S, Niemann H et al. (2022) Heat-Related Mortality in Germany From 1992 to 2021. Dtsch Arztebl Int 119:451–457. https://doi.org/10.3238/arztebl.m2022.0202
6. Schwarze R, Finger R, Rötter RP et al. (2022) Anpassung an den Klimawandel – Lasten verteilen und Ernährungssicherheit schaffen. ifo Schnelldienst 75:3–28
7. Umweltbundesamt (2021) Stressreaktionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. https://www.umweltbundesamt.de/themen/laerm/laermwirkungen/stressreaktionen-herz-kreislauf-erkrankungen#auswirkungen-des-larms-auf-die-gesundheit. Accessed 23 Oct 2023
8. Bălă G-P, Râjnoveanu R-M, Tudorache E et al. (2021) Air pollution exposure-the (in)visible risk factor for respiratory diseases. Environ Sci Pollut Res Int 28:19615–19628. https://doi.org/10.1007/s11356-021-13208-x
9. Piracha A, Chaudhary MT (2022) Urban Air Pollution, Urban Heat Island and Human Health: A Review of the Literature. Sustainability 14:9234. https://doi.org/10.3390/su14159234
10. Oja P, Titze S, Bauman A et al. (2011) Health benefits of cycling: a systematic review. Scand J Med Sci Sports 21:496–509. https://doi.org/10.1111/j.1600-0838.2011.01299.x
11. Duggal NA, Pollock RD, Lazarus NR et al. (2018) Major features of immunesenescence, including reduced thymic output, are ameliorated by high levels of physical activity in adulthood. Aging Cell 17. https://doi.org/10.1111/acel.12750
12. Demuzere M, Orru K, Heidrich O et al. (2014) Mitigating and adapting to climate change: multi-functional and multi-scale assessment of green urban infrastructure. J Environ Manage 146:107–115. https://doi.org/10.1016/j.jenvman.2014.07.025
13. Umweltbundesamt (2023) Aktive Mobilität. https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/aktive-mobilitaet. Accessed 23 Oct 2023
14. Inauen J, Contzen N, Frick V et al. (2021) Environmental Issues Are Health Issues. European Psychologist 26:219–229. https://doi.org/10.1027/1016-9040/a000438